Wie sicher ist das Smart Home?

Smart Home
Smart Home steht für intelligentes Wohnen. Die Technik macht’s möglich, hat aber ihre Tücken – auch im Bereich Sicherheit. Verschiedene Initiativen versuchen, einheitliche Standards in Deutschland zu etablieren, um das Smart Home zukunftsfähig zu gestalten und Deutschland zum Vorreiter in Sachen Gebäudeautomation zu machen. 2025 soll sie Standard im Wohnungsneubau sein.

Hinter dem Begriff „Smart Home“ stehen technologische Ansätze für künftiges Leben, Wohnen und Arbeiten im privaten Wohnbereich. Ziele sind die Steigerung des Komforts, die Sicherheit der Bewohner sowie ein intelligentes Energiemanagement. Ganz im Sinne der angestrebten Energiewende.

Das Gebäudeautomationssystem erfasst mit Sensoren und smarten Geräten die Bedürfnisse der Bewohner und ermöglicht eine intuitive Ansteuerung. Auf der Grundlage des aktuellen Zustands und angenommener potenzieller Zustände werden die gesammelten Informationen verarbeitet. Ein Netzwerk übernimmt die Informationen und steuert das Zusammenspiel der Geräte aus den Bereichen der Unterhaltungselektronik, der Informations- und Kommunikationstechnik, des Elektrohaushalts (Waschmaschine, Herd etc.) sowie der Haustechnik (Heizung, Beleuchtung,  Alarmanlage) mithilfe von drahtgebundenen oder drahtlosen Technologien.

Obwohl die mobile Vernetzung per Smartphone schon fast selbstverständlich ist, sind Elektro- und IT-Anwendungen im privaten Wohnhaus noch wenig smart. Laut dem Technologieverband VDE ist die intelligente Hausvernetzung zwar technisch längst möglich. Allerdings fehle es bisher an einheitlichen Standards. Auch seien die Kosten oft noch hoch und der Mehrwert für den Verbraucher nicht immer transparent. Dennoch soll sich diese Situation in den nächsten zehn Jahren grundlegend ändern und Smart-Home-Funktionen dann zur Basis, vor allem bei Neubauten, zählen.


Anfälliger Datenaustausch

Mit der Komplexität des Systems steigt die Gefahr, dass Dritte umfangreiche Einblicke in die Privatsphäre der Bewohner erhalten. Jeder, der es darauf anlegt, kann große Mengen an Daten aus dem drahtlosen Gebäudeautomationssystem ziehen. Und das ohne Vorkenntnisse über die Anlage oder die ausgespähten Bewohner. Aber selbst verschlüsselte Anlagen geben über den Datenaustausch Informationen preis, die beispielsweise von potenziellen Einbrechern genutzt werden könnten. So kann beispielsweise die Höhe des Stromverbrauchs darüber Aufschluss geben, ob die Bewohner derzeit an- oder abwesend sind.

Christoph Sorge, IT-Sicherheitsexperte und Inhaber der juris-Stiftungsprofessur für Rechtsinformatik der Saar-Uni, sieht noch großen Handlungsbedarf bei den drahtlosen Hausautomationssystemen. Er arbeitet derzeit gemeinsam mit der Universität Paderborn im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts an den notwendigen Schutztechnologien. „Entsprechend weiterentwickelte Verschlüsselungs- und Verschleierungstechnologien können hier einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Privatsphäre leisten“, erklärt Sorge dazu.

Standardisierung anvisiert

Sicherheit mit Smart Home

Allgemein akzeptierte, klare Regeln oder Vorschriften für Sicherheitsstandards existieren bisher beim Smart Home nicht. Wesentliche Grundlage hierfür ist die hersteller- und branchenübergreifende Standardisierung der Schnittstellen. Allerdings hemmen die Unternehmen oft selbst einen Innovationsschub in Richtung Smart Home und einer Plug-and-Play-Funktionalität. Ob Telekommunikations- oder Energieunternehmen, Hersteller von Haushaltsgeräten und Unterhaltungselektronik oder Entwickler von Hard- und Software  – sie konzentrieren sich noch hauptsächlich auf den eigenen Kernmarkt und sehen weniger die Chancen des neuen, übergreifenden Smart Home-Markts.

Um Innovationshürden zu beseitigen, hat der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) das „Zertifizierungsprogramm Smart Home + Building“ gestartet. Ziel des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie seit 2012 geförderten Programms ist es, mit Vertretern von akademischen Einrichtungen und Industrieunternehmen einheitliche Standards sowie ein Prüfsiegel für systemübergreifende Interoperabilität im Smart Home zu entwickeln. Neben dem VDE sind als Partner das VDE Institut, das Deutsche Dialog Institut, der Connected Living e. V., die Kellendonk Elektronik GmbH und das DAI-Labor der TU Berlin vertreten. Das Programm soll Deutschland auf seinem Weg zum Leitmarkt und Leitanbieter unterstützen.

Aber auch andere Initiativen engagieren sich, um das Smart Home voranzubringen. So ist beispielsweise der Chip-Hersteller Intel kürzlich der EEBus Initiative e.V. beigetreten, um sie bei der Entwicklung von Smart-Home- und Smart-Energy-Anwendungen zu unterstützen. Ziel von EEBus ist die Vernetzung bestehender Kommunikationsstandards und -geräte mit der Hausautomationstechnik – eine der Grundlagen für Smart Grids. Smart Grids vernetzen Stromproduzenten stärker mit Stromkonsumenten und sollen die Energieversorgung durch das Zusammenspiel von Erzeugung, Speicherung, Netzmanagement und Verbrauch in einem Gesamtsystem effizienter gestalten. Mitglieder der Initiative sind unter anderem Energieversorger, Gerätehersteller und Kommunikationsunternehmen.

Systemsicherheit im Fokus

Um die derzeit am Markt eingesetzten Smart-Home-Technologien verschiedener Branchen wie Multimedia, Haushaltsgeräte, Gebäudeautomation und Heizung evaluieren, testen und zertifizieren zu können, hat das VDE-Institut in Offenbach eine Smart Home-Testplattform aufgebaut. Im ersten Schritt stellten die Ingenieure Prüfleitfäden in Abstimmung mit den Kunden auf, die als Grundlage für Technische Richtlinien und eine Standardisierung der Prüfverfahren dienen. Mit diesen Leitfäden entwickeln sie Testverfahren zur Prüfung der Interoperabilität und der IT-Sicherheit der Systeme, Komponenten und Geräte für alle Bereiche der Smart Home-Anwendungen. Weitere Prüfmethoden richten sich auf den Schutz vor unbefugtem Eindringen und der ungewollten Steuerungsmöglichkeit im Gebäude. Die Überprüfung der funktionalen Gesamtsystemsicherheit der verbundenen Smart-Home-Systeme ist ein weiterer Schwerpunkt des Dienstleistungsangebots. Das Ziel der Normungsexperten ist eine übergreifende Sicherheitsarchitektur, die unabhängig von den jeweiligen Protokollen und Implementierungen durchgängig umgesetzt werden kann. Es ist noch ein arbeitsreicher Weg, bis wir Smart Home zum Wohn- und Lebensstandard im privaten Wohnungsbau erheben können, aber die Grundlagen sind geschaffen.

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